Mac-Pegasos

Das waren noch Zeiten, als Emulatoren wie “Emplant” oder “Shapeshifter” auf dem Amiga Macintosh-Usern das Fürchten lehrten. Nicht nur, dass sich damit das klassische 68K-MacOS (und damit alle erdenklichen Mac-Anwendungen) in Originalgeschwindigkeit auf dem Amiga betreiben ließen – MacOS lief auch noch munter als Task neben anderen Amiga-Anwendungen. Angesichts der schnellen 68060-Karten, die damals für den Amiga verfügbar waren, traten da so manchem Mac-User die Tränen in die Augen. Erst als der PowerPC-Prozessor auf dem Mac Einzug hielt und Commodore das Zeitliche segnete, überholte der Mac den Amiga nachhaltig. Ein kurzes Aufbäumen mit dem glücklosen “iFusion” konnte nicht viel bewirken.

Fremdsystem nutzen
Besitzer eines Pegasos oder AmigaOne, die auf diesen Rechnern Linux nutzen, haben sicher schon von “MacOnLinux” gehört. Dabei handelt es sich um einen kostenlosen OpenSource-Mac-Emulator, der auf LinuxPPC aufsetzt. Er soll MacOS auf den Amiga-Desktop zaubern – und zwar gleich das Unix-basierte “MacOS X”, welches das klassische MacOS vor einigen Jahren abgelöst hat. Freilich muss der Rechner hierzu ordentlich ausgestattet sein: So lässt sich “MacOS X” selbst in der aktuellen Version schon kaum mit weniger als 512 MByte vernünftig betreiben. Ein volles Linux-System im Hintergrund tut dann ein Übriges und steigert den RAM-Bedarf auf über 1 GByte.

Genau hier setzt “PegXMac” an: Es handelt sich um eine äußert schlanke, kommandozeilenbasierte Linux-Distribution, die das Ziel hat, mit möglichst geringem eigenem Ressourcen-Einsatz “MacOS X” auf einem Pegasos zur Arbeit zu bewegen. Dabei gönnt sich das Linux im Hintergrund gerade mal 64 MByte Speicher. Besitzt der Pegasos 512 MByte, bleiben also immerhin 448 MByte davon unter “MacOS X” verfügbar. Und obgleich MacOnLinux offiziell nur “MacOS X” bis Version 10.3.3 unterstützt, soll unter PegXMac dank einiger Patches auch der Betrieb von “MacOS X 10.4 Tiger” gelingen.

Die Installation
Die Linux-Distribution ist eine “Live CD” und lässt sich also direkt von CD booten. Wahlweise kann der Anwender die Distribution auf eine Festplatten-Partition oder sogar einen USB-Stick installieren, von denen dann gestartet werden kann. “PegXMac” basiert auf der Knoppix-Distribution. Die Installation und Konfiguration wird von “PegXMac” komfortabel über ein textbasiertes Menü durchgeführt. Die Mühe, die hierfür notwendig ist, hält sich in Grenzen, denn “PegXMac” ist bereits sehr gut an den “Pegasos II” angepasst, sodass nur wenige Einstellungen erforderlich sind. Leider muss man die Dokumentation zu “PegXMac” sowie die Website des Produkts allenfalls als spartanisch bezeichnen. Treten Probleme auf, hilft nur Probieren oder der Kontakt per E-Mail mit dem Programmierer. Auch entsprechende Linux-Kenntnisse schaden nicht. Immerhin gibt es auch eine Mailingliste, wo in der Regel schnell Hilfe zu finden ist.

David gegen Goliath?
Im Test wurde ein “Pegasos II” mit G4/1-GHz-CPU mit einem echten “iMac G5” mit 2-GHz-Prozessor verglichen. Ganz fair ist dieser Vergleich freilich nicht. Gegenüber dem ebenfalls nur mit einem G4 ausgestatteten “Mac
Mini” wäre dieser für den Pegasos sicherlich besser ausgefallen. Dennoch schlägt sich der Pegasos-Mac wacker und subjektiv weit besser, als die Zahlen erwarten lassen. Zum Einsatz kam der Mac-Benchmark “XBench 1.2”.Pegasos II G4 iMac G5
CPU Freescale G4/1 GHz IBM G5/2 GHz
1024 KByte Cache 512 KByte Cache
RAM 512 MByte DDR 266 512 MByte DDR 400
Festplatte 80 GByte IDE 160 GByte SATA
Grafikkarte Radeon 7000-AGP Radeon 9200-AGP
OS MacOS X 10.3.9 MacOS X 10.4.3
Gesamt 16,79 63,47
CPU-Test 31,21 56,98
Memory 16,69 63,86
Quartz 17,68 101,92
GUI 5,57 67,97
Disk 188,33* 52,95* Der Disk-Test prüft den ungepufferten Schreib- und
Lesevorgang auf die interne Festplatte. “PegXMac” puffert diesen Zugriff im Hintergrund jedoch grundsätzlich, weshalb das Ergebnis auf dem Pegasos verfälscht ist.

Bei der Installation auf Festplatte wird der Benutzer Schritt für Schritt geführt. Diese Operation wollte im Test jedoch nur in der englischen Version funktionieren, offenbar ein Bug im Script. Sowohl bei der LAN-Anbindung als auch bei der Partitionierung gab es zunächst Probleme, die sich mit etwas Linux-Background jedoch lösen ließen.

PegXMac benötigt drei Partitionen: eine für “PegXMac” selbst, die unter Linux obligatorische Swap-Partition und eine Partition für “MacOS X”. Soll “PegXMac” hingegen nur von CD oder von einem USB-Stick gestartet werden, reicht letztere, die jedoch in jedem Fall großzügig dimensioniert sein sollte.

Ist “PegXMac” auf der Festplatte gelandet, kann direkt davon gebootet werden. Wer auf dem Pegasos mehrere Betriebssysteme nutzt, dem sei ein Bootmanager empfohlen. Die Eingabe des Bootstrings mit zahlreichen Parametern ist eher umständlich. Nach dem ersten Start von “PegXMac” sind die wichtigsten Einstellungen anzupassen, wobei man sich von den zahlreichen Konfigurationsfiles nicht schrecken lassen sollte. Einige wenige Einstellungen wie z.B. Bildschirmmodi, Speichergröße und Festplattenpartitionen reichen und die MacOS-X-Installation kann begonnen werden. Sind alle Einstellungen erst einmal an den eigenen Pegasos und dessen Ausstattung angepasst, lässt sich per Bootstring-Option sogar “seamless boot” einstellen. Der Pegasos überspringt dann das Einstellungsmenü und startet direkt “MacOS X”.

In der Praxis
Obgleich die Benutzeroberfläche Aqua des Macs auf dem Pegasos ohne Hardware-Beschleunigung auskommen muss, lief das getestete “MacOS X 10.3.9” auf dem “Pegasos II” mit 1 GHz G4-CPU erstaunlich flott und vor allem absolut stabil. Das gilt in der gleichen Weise für alle MacOS-Anwendungen, sofern diese nicht besonders Multimedia-lastig sind. Wer hingegen auf dem Pegasos Videoschnitt durchführen oder mit Quicktime arbeiten möchte, wird mit dem emulierten Mac kaum glücklich. Gerade das Abspielen von Quicktime-Videos schlug mangels Geschwindigkeit kläglich fehl. Die sehr leistungsfähigen Anwendungen aus dem Bereich DTP und Textverarbeitung hingegen verrichteten auf dem Pegasos-Mac klaglos ihren Dienst. So entstand dieser Artikel gleich mit “Word:mac 2004” auf dem Pegasos.

Ganz legal ist der Betrieb von “MacOS X” auf dem Pegasos übrigens nicht. Laut der “MacOS X”-EULA darf es nur auf echter Apple-Hardware betrieben werden. Obwohl das Betriebssystem unabhängig von der Hardware auf dem Markt ist.

“PegXMac” existiert übrigens auch in etwas weniger leistungsfähigen Versionen für den “Pegasos I” und den “A1”. Der Unterschied liegt in erster Linie mit der geringeren Ähnlichkeit dieser Rechner mit dem Macintosh-Original.

Leider wurde die Entwicklung dieser Versionen jüngst mangels Nutzerinteresse eingestellt.

Fazit: Mit “PegXMac” erhält der “Pegasos II”-Nutzer für nur 9 Euro eine leistungsfähige, sehr schlanke und nach Überwinden kleinerer Installationshürden vor allem stabile Emulation. Sie erlaubt den Betrieb des wirklich fantastischen “MacOS X”-Betriebssystems auf dem Pegasos, ohne dabei selbst stark an den Ressourcen zu knapsen.

Rechnet man noch den Kaufpreis für “MacOS X” hinzu, eröffnet sich für den Pegasos-Nutzer eine zusätzliche Welt mit schier unerschöpflicher Auswahl an Software-Angeboten. Lediglich wer mit multimedialen Anwendungen liebäugelt, sollte zu einem echten Mac greifen.